SCHULGESETZESTEXT:  Strafen

Art. 86
Ordnungsmaßnahmen als Erziehungsmaßnahmen
(1) Zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder zum Schutz von Personen und Sachen können nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Ordnungsmaßnahmen gegenüber Schülerinnen und Schülern getroffen werden, soweit andere Erziehungsmaßnahmen nicht ausreichen.
(2) 1Ordnungsmaßnahmen sind:
1.
der schriftliche Verweis durch die Lehrkraft oder die Förderlehrerin bzw. den Förderlehrer,
2.
der verschärfte Verweis durch die Schulleiterin bzw. den Schulleiter,
3.
die Versetzung in eine Parallelklasse der gleichen Schule durch die Schulleiterin bzw. den Schulleiter,
4.
der Ausschluss in einem Fach oder von einer sonstigen Schulveranstaltung für die Dauer von bis zu vier Wochen durch die Schulleiterin bzw. den Schulleiter,
5.
der Ausschluss vom Unterricht für drei bis sechs Unterrichtstage, bei Berufsschulen mit Teilzeitunterricht für höchstens zwei Unterrichtstage, durch die Schulleiterin bzw. den Schulleiter,
6.
der Ausschluss vom Unterricht für zwei bis vier Wochen ab dem siebten Schulbesuchsjahr durch die Lehrerkonferenz,
6a.
der Ausschluss vom Unterricht für mehr als vier Wochen, längstens bis zum Ablauf des laufenden Schuljahres bei Mittelschulen und Mittelschulstufen der Förderschulen ab dem siebten Schulbesuchsjahr bzw. bei Berufsschulen sowie Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung durch die Lehrerkonferenz im Einvernehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Hinblick auf mögliche Leistungen nach Maßgabe des Achten Buches Sozialgesetzbuch,
7.
bei Pflichtschulen die Zuweisung an eine andere Schule der gleichen Schulart auf Vorschlag der Lehrerkonferenz durch die Schulaufsichtsbehörde; dies gilt in Mittelschulverbünden entsprechend,
8.
die Androhung der Entlassung von der Schule durch die Lehrerkonferenz,
9.
die Entlassung von der Schule durch die Lehrerkonferenz (Art. 87),
10.
der Ausschluss von allen Schulen einer oder mehrerer Schularten durch das zuständige Staatsministerium (Art. 88).
2Eine Ordnungsmaßnahme in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
(3) 1Andere als die in Abs. 2 Satz 1 aufgeführten Ordnungsmaßnahmen sowie die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen gegenüber Klassen oder Gruppen als solche sind nicht zulässig.2Körperliche Züchtigung ist nicht zulässig.
(4) 1Gegenüber Schulpflichtigen in Berufsschulen und in Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung, die in einem Ausbildungsverhältnis stehen, sind die Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 6 und 6a nicht zulässig. 2 Gegenüber Schulpflichtigen in Pflichtschulen sind die Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 8 bis 10 nicht zulässig. 3 Die Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 8 und 9 sind jedoch gegenüber Schulpflichtigen in Berufsschulen, die in keinem Ausbildungsverhältnis stehen, sowie gegenüber Schulpflichtigen zulässig, die die Mittelschule nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht besuchen.
(5) 1Die Ordnungsmaßnahme der Versetzung in eine Parallelklasse (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) kann auch neben den Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1, 2, 4, 5, 6, 6a und 8, die Ordnungsmaßnahme des Ausschlusses von einer sonstigen Schulveranstaltung für die Dauer von bis zu vier Wochen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2) kann auch neben den Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1, 2, 3, 4 Alt. 1, Nrn. 5, 6, 6a, 8 und 9 angewandt werden.2Im Fall einer Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6, 6a oder Nr. 8 entscheidet über eine zusätzliche Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 die Lehrerkonferenz.
(6) 1Bei einer Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a kann die Schulaufsichtsbehörde, im Einvernehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Hinblick auf mögliche Leistungen nach Maßgabe des Achten Buches Sozialgesetzbuch, auch entscheiden, dass
1.
die Vollzeitschulpflicht der Schülerin bzw. des Schülers mit Ablauf des achten Schulbesuchsjahres beendet wird,
2.
nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht nach Nr. 1 auch die Berufsschulpflicht beendet wird, wenn die Schülerin oder der Schüler noch nicht in die Berufsschule oder die Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung aufgenommen ist,
3.
die Berufsschulpflicht beendet wird, wenn die Schülerin oder der Schüler bereits in die Berufsschule oder die Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung aufgenommen ist.
2Die Entscheidung nach Satz 1 Nrn. 1 und 3 erfolgt auf Antrag der Lehrerkonferenz.3Sie setzt voraus, dass das Verhalten der Schülerin bzw. des Schülers den Bildungsanspruch der Mitschülerinnen und Mitschüler schwerwiegend und dauerhaft beeinträchtigt oder im Fall des Satzes 1 Nr. 2 eine solche Beeinträchtigung im Berufsschulunterricht zu erwarten wäre.4 Art. 88 Abs. 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.5Die zuständigen schulischen Beratungsfachkräfte sind von der Lehrerkonferenz vor der Antragstellung gutachtlich zu hören; die Stellungnahme ist der Schulaufsichtsbehörde zusammen mit dem Antrag zu übermitteln.
(7) Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alternative 1 sind nur zulässig, wenn der Schülerin oder der Schüler durch schwere oder wiederholte Störung des Unterrichts in diesem Fach, Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 6 bis 10 sind nur zulässig, wenn der Schülerin oder der Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet hat.
(8) Außerschulisches Verhalten darf Anlass einer Ordnungsmaßnahme nur sein, soweit es die Verwirklichung der Aufgabe der Schule gefährdet.
(9) 1Vor der Anwendung von Ordnungsmaßnahmen können schulische Beratungsfachkräfte hinzugezogen werden. 2 Es ist der Schülerin bzw. dem Schüler, bei Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 10 zusätzlich auch den Erziehungsberechtigten der Schülerin bzw. des Schülers, Gelegenheit zur Äußerung zu geben, bei Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 6a bis 10 auf Antrag persönlich in der Lehrerkonferenz. 3 Die Schülerin oder der Schüler und die Erziehungsberechtigten können eine Lehrkraft ihres Vertrauens einschalten. 4 Bei der Einleitung des Anhörungsverfahrens sind die Berechtigten auf das Antragsrecht nach Satz 2 und die Möglichkeiten nach Satz 3 hinzuweisen.
(10) 1Bei Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 6, 6a, 7 und 8 wirkt auf Antrag eines Erziehungsberechtigten der Schülerin oder des Schülers oder der volljährigen Schülerin oder des volljährigen Schülers der Elternbeirat mit.2Die Stellungnahme des Elternbeirats ist bei der Entscheidung zu würdigen.3Entspricht die Lehrerkonferenz nicht der Stellungnahme des Elternbeirats, so ist dies gegenüber dem Elternbeirat zu begründen; im Fall der Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ist die Stellungnahme des Elternbeirats dem Vorschlag der Lehrerkonferenz an die Schulaufsichtsbehörde beizufügen.
(11) 1Vor Erlass von Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a und Abs. 6 übermittelt die Schulleitung bzw. die Schulaufsichtsbehörde die Entscheidung der Lehrerkonferenz nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a bzw. deren Antrag nach Abs. 6 Satz 2 dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe; bei Maßnahmen nach Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 teilt die Schulaufsichtsbehörde dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ihren Entschluss zur Verkürzung der Berufsschulpflicht mit.2Dessen Einvernehmen gilt als erteilt, wenn er nicht binnen der Frist nach Satz 3 widerspricht.3Die Frist beträgt bei Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a zwei Wochen, bei Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 6 vier Wochen nach Zugang der Mitteilung nach Satz 1.
(12) 1Die Schulaufsichtsbehörde kann eine Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a und die Beendigung der Schulpflicht nach Abs. 6 nach Anhörung der Schülerin oder des Schülers, der Erziehungsberechtigten, des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, des Elternbeirats, wenn dieser nach Abs. 10 an der Ordnungsmaßnahme mitgewirkt hat, und der schulischen Beratungsfachkräfte aufheben, wenn neue Tatsachen bekannt geworden sind, die erwarten lassen, dass die Schülerin oder der Schüler nicht mehr ein den Ausschluss bzw. die Beendigung der Schulpflicht begründendes Verhalten zeigen wird.2Die Beendigung der Berufsschulpflicht ist aufzuheben, wenn ein Ausbildungsverhältnis aufgenommen wird und eine Berufsschulpflicht nach Art. 39 Abs. 2 Satz 1 besteht.
(13) 1Gefährdet eine Schülerin oder ein Schüler durch ihr bzw. sein Verhalten das Leben oder in erheblicher Weise die Gesundheit von Schülerinnen bzw. Schülern oder Lehrkräften, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter die Schülerin oder den Schüler längstens bis zur Vollziehbarkeit einer Entscheidung über schulische Ordnungsmaßnahmen, über die Überweisung an eine Förderschule, eine Aufnahme in eine Schule für Kranke oder in eine andere Einrichtung, in der die Schulpflicht erfüllt werden kann, auch bei bestehender Schulpflicht vom Besuch der Schule ausschließen, sofern die Gefahr nicht anders abwendbar ist.2Die Schulaufsichtsbehörde, der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Polizei, die Erziehungsberechtigten und die zuständigen schulischen Beratungsfachkräfte sind unverzüglich zu informieren.3Wird wegen desselben Sachverhalts auch eine Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 5, 6 oder 6a getroffen, soll die Zeit des Ausschlusses vom Schulbesuch nach Satz 1 auf die Dauer der Ordnungsmaßnahme angerechnet werden.
(14) Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 10 sowie gegen Maßnahmen nach Abs. 13 Satz 1 entfällt.
(15) Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Verfahren bei Ordnungsmaßnahmen, insbesondere bei der Anhörung der Beteiligten und bei der Feststellung des Sachverhalts, sowie sonstigen Erziehungsmaßnahmen zu regeln; als Erziehungsmaßnahme kann bei nicht hinreichender Beteiligung der Schülerin oder des Schülers am Unterricht auch eine Nacharbeit unter Aufsicht einer Lehrkraft vorgesehen werden.